Aus gegebenen Anlass informieren wir an dieser Stelle über das richtige Verhalten im Straßenverkehr, speziell bei Staus auf mehrspurigen Straßen, wie beispielsweise Autobahnen oder Kraftfahrstraßen.
Vorab die rechtliche Theorie:
Gesetzlich geregelt ist die Rettungsgasse in Deutschland in § 11 Abs. 2 StVO und lautet seit dem 14. Dezember 2016:
„Sobald Fahrzeuge auf Autobahnen sowie auf Außerortsstraßen mit mindestens zwei Fahrstreifen für eine Richtung mit Schrittgeschwindigkeit fahren oder sich die Fahrzeuge im Stillstand befinden, müssen diese Fahrzeuge für die Durchfahrt von Polizei- und Hilfsfahrzeugen zwischen dem äußerst linken und dem unmittelbar rechts daneben liegenden Fahrstreifen für eine Richtung eine freie Gasse bilden.“
Der Standstreifen darf laut StVO nicht als Fahrspur genutzt werden, d. h., er darf nicht als Spur zur nächsten Ausfahrt befahren werden. Jedoch kommunizieren Hilfsorganisationen teilweise, dass Fahrzeuge mit ihrer halben Fahrzeugbreite, falls nötig auch mit ihrer ganzen Fahrzeugbreite, den Standstreifen nutzen sollen, um Platz für die Rettungsgasse zu schaffen. Auch innerorts, wenn sich auf entsprechend ausgebauten Hauptverkehrsstraßen auf allen Fahrstreifen ein Stau gebildet hat und sich ein Fahrzeug mit Wegerecht nähert, wird es versuchen, nach diesem Prinzip freie Bahn zu erhalten. Der Standstreifen wird von den Einsatzkräften eher ungern benutzt, weil er möglicherweise nicht auf ganzer Länge ausgebaut ist und unvermutet durch liegengebliebene Fahrzeuge blockiert sein kann. Er darf von anderen Verkehrsteilnehmern nicht befahren werden, da er laut §2 der StVO nicht als Bestandteil der Fahrbahn gilt. Wer die Rettungsgasse bei stockendem Verkehr nicht vorschriftsmäßig bildet, begeht eine Ordnungswidrigkeit (§ 49 Abs. 1 Nr. 11 StVO) und muss mit einer Geldbuße bzw. einem Verwarnungsgeld in Höhe von 20 Euro rechnen. Bei schwerwiegenden Behinderungen kann unter Umständen eine strafrechtliche Verfolgung hinzukommen.
In der Praxis müssen sie sich wie folgt verhalten:
Begegnet man im Straßenverkehr einem Fahrzeug mit Blaulicht und Einsatzhorn (Sondersignal), is
t ein Notfall nicht weit. Wer diese Sondersignale einsetzen darf und wie sich andere Verkehrsteilnehmer verhalten sollten, ist in § 38 STVO geregelt. Das sogenannte Wegerecht wird von Feuerwehr, Polizei sowie Rettungs- und Hilfsdiensten nur in Anspruch genommen, wenn höchste Eile geboten ist um:
- Menschenleben zu retten
- schwere gesundheitliche Schäden abzuwenden
- eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung abzuwenden
- flüchtige Personen zu verfolgen
- bedeutende Sachwerte zu erhalten
Blaulicht und Einsatzhorn zusammen gewähren dem Einsatzfahrzeug das Wegerecht, es ordnet an:
Alle Verkehrsteilnehmer haben sofort freie Bahn zu schaffen!
In der Praxis geschiet das auf mehrspurigen Straßen (z.B. BAB) in Form einer Rettungsgasse. Die Rettungsgasse ermöglicht den Einsatzfahrzeugen ein sicheres und ungehindertes Fortkommen im Stau, auf dem Weg zum Unfallort. Dafür ist es jedoch erforderlich zu wissen, wie eine solche Rettungsgasse gebildet wird:
Auf mehrspurigen Straßen mit zwei Fahrstreifen für eine Fahrtrichtung wird die Rettungsgasse zwischen der linken Spur und dem Hauptfahrstreifen (rechte Spur) gebildet. Dabei fahren die Fahrzeugen auf der linken Spur soweit wie möglich nach links, die Fahrzeuge auf der rechten Spur soweit wie möglich nach rechts. ABER ACHTUNG: Der Standstreifen muss dennoch immer frei bleiben!
Auf mehrspurigen Straßen mit drei oder mehr Fahrstreifen für eine Fahrtrichtung wird die Rettungsgasse ebenfalls zwischen der linken und den anderen verbleibenden Spuren gebildet.
Warum die Rettungsgasse gerade zwischen dem linken und allen anderen Fahrspuren bilden? In der Praxis zeigt sich, dass der LKW-Anteil auf der linken Spur am geringsten ist. Da auch die Einsatzfahrzeuge der Feuerwehr im Regelfall auf LKW-Fahgestellen aufgebaut sind, ist hier die Manövrierfähigkeit am ehesten sichergestellt.
Beachten Sie bitte auch, dass Sie an Autobahnauffahrten ausreichend Platz lassen, um den Einsatzfahrzeugen das Einfahren von der Auffahrt in die Rettungsgasse zu ermöglichen.
Und vorsorglich gilt bei jedem Stau: Sofort die Rettungsgasse bilden! Und nicht erst dann, wenn sich die ersten Einsatzfahrzeuge nähern, dann ist es meistens schon zu spät, noch eine halbwegs brauchbare Fahrspur für die Einsatzfahrzeuge zu schaffen. Denn Sie als Verkehrsteilnehmer können nicht vorhersehen, ob der Stau aufgrund eines Unfalls oder beispielsweise einer Baustelle entstanden ist.
Aber nicht nur auf Autobahnen oder Kraftfahrstraßen ist das richtige Verhalten für Ihre Sicherheit und für die Sicherheit der Einsatzkräfte unerlässlich. Viele Autofahrer verhalten sich falsch, wenn im Rückspiegel plötzlich Blaulichter auftauchen. Die häufigste Fehlreaktion: das unvermittelte Abremsen mitten auf der Fahrbahn. Damit riskieren Sie nicht nur einen Auffahrunfall mit anderen Fahrzeugen, sondern erreichen auch das Gegenteil vom Gewünschten: Sie behindern das Einsatzfahrzeug. Ebenso falsch ist: Unüberlegt rechts ranfahren, womöglich in eine Seitenstraße. Denn woher wissen Sie, ob das Einsatzfahrzeug nicht genau hier abbiegen muss? Besser ist folgender Grundsatz:
Stellen Sie fest, woher das Sondersignal kommt.
Versuchen Sie vorauszusehen, wohin das Einsatzfahrzeug fährt (gesetzter Blinker?).
Fahren Sie am besten rechts an den Fahrbahnrand und signalisieren Sie das mit gesetztem Blinker.
Überlegen Sie dabei, ob ein schweres Feuerwehrfahrzeug die Straße immer noch passieren kann (Gegenverkehr beachten!).